„Irgendwann musst du den großen Sprung wagen und Krisen aushalten.“
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Mit Mut und Entschlossenheit hat Bianca Artopé den Schritt vom sicheren Architektinnenberuf in die Welt der Kunst gewagt. Die ehemalige move!-Mentee spricht im Interview über ihren ungewöhnlichen Quereinstieg, der sie – allen Zweifeln und Herausforderungen zum Trotz – bis in renommierte Galerien und Museen führte. Am 19. September traf unsere Beraterin Katharina Wulff die Künstlerin im Haus der Kunst, wo sie ihre Arbeiten im Rahmen der Ausstellung „Into the Bubble“ präsentierte. Später gesellte sich auch ihre damalige move!-Mentorin Svea Kuschel dazu, die als Gründerin von Kuschel & Kolleginnen professionelle Finanzdienstleistungen speziell für Frauen anbietet.
KW: Schön, dich wiederzusehen, Bianca! In der Ausstellung hier im Haus der Kunst hast du ein Werk mit dem Titel „It was all a dream“. Was sagst du, ist dein Traum wahr geworden?
BA: Dass ich einmal mit drei großen Bildern im Haus der Kunst hänge, war auf jeden Fall ein Traum, der wahr geworden ist! In dieser Art - meine Werke an tollen Orten zu zeigen - gibt es natürlich noch viele weitere Träume…
Aber der Titel meines Bildes ist anders gemeint, eher dystopisch im Sinne von: es war alles nur eine Illusion, ein Traum der geplatzt ist. Insofern möchte ich hier das eine vom anderen unterscheiden.
KW: Ja, ganz richtig. Es war jedoch von dir damals sehr mutig, von einem sicheren Job in der Architektur voll und ganz auf die Karte „Künstlerin“ zu setzen! Was hat dich damals angetrieben oder was war deine Motivation, diesen Schritt zu gehen?
BA: In der Architektur hatte ich immer das Gefühl, nicht kreativ genug arbeiten zu können. Ich fühlte mich eher wahnsinnig eingeschränkt. Die Kunst lief bei mir immer so nebenher; ich hatte ständig Ideen und Konzepte und dachte mir, wenn ich mal Zeit habe, setze ich dies oder das um. Doch erstens findet man dann doch nie die Zeit, und dann sieht man plötzlich einen anderen Künstler, der die eigene Idee umgesetzt hat. Das hat mich dann irgendwann richtig geärgert, dass ich immer nur darüber nachdachte, kreative Dinge zu machen, aber nie ins Tun kam. Irgendwann wurde der Wunsch, komplett frei arbeiten zu können und meine eigenen Ideen umzusetzen, stark genug, um den Schritt zu wagen.
KW: Das beschäftigt tatsächlich viele Frauen! Die Entscheidung, Künstlerin zu werden, hast du ja zunächst allein getroffen und bist dann ins Mentoring gegangen. Was war dein Ziel bzw. deine Erwartung?
BA: Das Mentoring bezog sich nicht auf die künstlerischen Aspekte, sondern auf die Business-Komponenten, die ein Beruf als Künstlerin mit sich bringt. Daher ging es am Anfang viel um die Ansprache der Kunden und darum, wo ich mich mit meiner Kunst positioniere. Wie gewinnt man Kunden? Wie spricht man mit ihnen? Wie verkaufe ich meine Kunst? Das war ja alles neu! In der Architektur präsentiert man ein Produkt der Firma. Sein eigenes Werk zu verkaufen, steht auf einem ganz anderen Blatt. Besonders bei Kunst steckt ja in jeder Arbeit eine emotionale und persönliche Geschichte drin. Es ist eben nicht irgendein „neutrales“ Produkt.
KW: Verkaufen hat auch viel mit dem eigenen Selbstwert zu tun. Für sich einzustehen und seine Kunst an den Mann oder die Frau zu bringen, stellt oft eine Hürde dar. Wie war es mit dem Thema Netzwerken? Du bist ja in eine ganz neue Blase gerutscht. Hat dir deine Mentorin geholfen, in dieser neuen Welt der Kunstszene anzukommen?
BA: Meine Mentorin kommt nicht direkt aus der Kunstszene, aber sie hat mir auf jeden Fall vermittelt, wie wichtig das Netzwerken ist. Es ist entscheidend, ein großes Netzwerk aufzubauen und das braucht Zeit!
KW: Hast du Tipps für Mentees, die ebenfalls einen Quereinstieg wagen wollen?
BA: Meine Empfehlung ist: Baue Dir ein enges Netz aus Menschen, die Dich in Deinem Vorhaben unterstützen. Von Familie und Freunden bis hin zu externen Netzwerken, die man sich gezielt aussucht. Ich bin in einem Frauennetzwerk, um mich von anderen Businessfrauen inspirieren zu lassen und mich auszutauschen (#fraunetzwerkt). Gerade wenn man ins Zweifeln gerät, ist die Unterstützung aus dem Umfeld, die einen nicht aufgeben lässt, extrem wichtig!
KW: Hättest du rückblickend gesagt, dass an der Stelle auch ein Coaching hilfreich gewesen wäre? Wo siehst du die Besonderheit eines Mentorings?
BA: Interessante Frage – diese Unterscheidung! Gerade ganz am Anfang fühlt es sich einfach richtig gut an, eine Mentorin an der Seite zu haben. Jemanden, dem man jegliche Fragen stellen kann. Wenn man in einem Bereich völlig neu anfängt, fühlt es sich ja erstmal sehr unübersichtlich an und man weiß gar nicht, wo man zuerst anfangen soll – da hilft jemand mit viel Berufserfahrung enorm weiter. Sie half mir Klarheit zu finden, Prozesse zu etablieren, Geduld zu haben und mit viel Zuversicht einen Schritt nach dem anderen zu gehen.
Ich habe später auch noch einige Coachings gemacht, aber die waren dann eher zielgerichtet auf ein bestimmtes Thema.
Svea Kuschel kommt dazu.
KW: Wir sprechen gerade darüber, was Bianca im Mentoring am meisten geholfen hat und welche Learnings sie hatte – also über die Themen: Wie verkaufe ich mich? und Kundenansprache!
BA: Am Anfang hat Svea mir sehr geholfen, die Schreiben an Kunden zu formulieren. Ich war unsicher, ob es zu aufdringlich klingt und ich schämte mich fast, überhaupt einen Preis anzugeben. Es war für mich ein langer, emotionaler Prozess, mich daran zu gewöhnen, dass es nicht nur normal, sondern notwendig ist, einen angemessenen Preis für seine Arbeit zu verlangen. Das ist dann nämlich nicht nur nach Außen, sondern auch für einen selbst die wichtige Unterscheidung, ob man die Kunst als Hobby, oder als ernstzunehmenden Beruf betreibt.
KW: Ging es seit 2017 stetig bergauf, oder gab es zwischendurch Durststrecken oder Zweifel?
BA: Es ging stetig in die richtige Richtung. Während Corona gab es mal ein schlechtes Jahr. Natürlich gibt es immer zwischendurch mal schwierige Phasen und Zweifel, aber genau dann ist eben der Support meines Umfelds so unglaublich wichtig!
KW: Welche Erfahrung stärkt Dich noch in Zeiten des Zweifels?
BA: Als ich aus der Architektur ausstieg, hatte ich einen großartigen Sommer im Atelier und war ganz euphorisch und so glücklich. Nach einem Jahr wurde es mir dann aber doch zu unsicher, und ich nahm ein weiteres Projekt in der Architektur an – wieder in der Mühle, zu enge Strukturen und zu unkreativ. Das war dann ein Schlüsselmoment, um mich von der Illusion zu verabschieden, es gäbe einen Job mit gesichertem Einkommen und dem Freiheitsgrad an Kreativität und Selbstbestimmung wie ich es mir wünsche. Wenn die Zeiten in der Kunst schlecht sind und ich anfange zu zweifeln, erinnere ich mich daran! Irgendwann musst Du einfach den großen Sprung wagen und Krisen eben aushalten. Am Anfang hatte ich noch auf meiner Visitenkarte „Art Design and Architecture“ stehen. Nach einem Jahr habe ich mich voll auf die Kunst konzentriert, weil man sich sonst verzettelt. Egal wofür man sich entscheidet, man muss alle Kraft und Zeit bündeln, um auf einem Gebiet gut und erfolgreich zu werden.
Svea Kuschel: Ich habe nie gezögert und immer an ihren absoluten Erfolg geglaubt! Daher stand ein Plan B auch nie zur Diskussion. Damals kam der Anruf von Susanne Richter, dass sie eine Mentee im Kunstbereich für mich hätte. Ich war schon immer an Kunst interessiert und weiß, wie schwer es ist, überhaupt Fuß zu fassen. Dann habe ich mir die Bilder gleich online angesehen und fand sie fantastisch - danach habe ich als Mentorin zugesagt und wollte Bianca auf ihrem Weg begleiten. Und jetzt bin ich so wahnsinnig stolz darauf, was sie alles erreicht hat.
Ich habe Mentoring auch immer als Wegbegleitung verstanden, in dem Rückenstärkung eine wichtige Rolle spielt. Meine Mentees dürfen sich auch zwischendurch melden, wenn sie eine Frage haben.
BA: Mir hat damals die Schmuckdesignerin Danièle Brown move! empfohlen. Was für ein Glücksfall, dass sich daraus das Mentoring mit Svea ergeben hat. Der große Unterschied vom Mentoring zum Coaching ist, dass man alle Fragen stellen kann, ohne zu stark in einem thematischen, zeitlichen oder finanziellen Korsett zu stecken. Man trifft sich auf einer fast freundschaftlichen, vertrauensvollen Basis und spricht solange, bis eine Lösung gefunden wurde.
Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich diese Unterstützung hatte, und habe move! daher in meinem Netzwerk auch weiterempfohlen, damit andere, die in einer beruflichen Umbruchphase sind, auch davon profitieren können.